Politik als Nullnummer
Am vergangenen Montag (2.9,) kam erneut der Bauausschuss (BLV) der Stadt Rösrath in einer Sondersitzung zusammen. Thema war wiederum der durch die Stadt zu erstellende Lärmaktionsplan (LAP). Zentraler Punkt dieses Plans wäre die Einführung von Tempo 30 auf weiten Teilen der Rösrather Hauptstraßen gewesen.
Wäre gewesen – denn die Geschwindigkeitsreduzierung wurde komplett aus dem LAP gestrichen.
Die über den Tag hinausgehende Botschaft dieser Entscheidung ist damit wiederum sehr deutlich:
Autofahrer interessieren sich schlicht nicht für die Welt außerhalb ihres Mobils
Was in der sogenannten Umwelt dieser vollklimatisierten Kabine geschieht, ist ganz einfach egal. Wie die Leute entlang der Straßen leben, ist einzig deren Sache, hat mit mir in meinem Auto nichts zu tun.
Ob es sich dabei um dabei um gesundheitsschädliche Lärmbelastung handelt oder Luftverschmutzung und die Zunahme von Atemwegserkrankungen. Das geht die Fahrerin in ihrem Alltag nichts an.
Auch das freigesetzte Mikroplastik landet nicht in ihrem Trinkwasser, die Flächenversiegelung und damit die Gefahr von weiteren Hochwasserereignissen berührt sie höchstens peripher.
Ob es eine Form von Lebensqualität entlang ihrer Straßen gibt, ist irrelevant. Die Sicherheit von Kindern, älteren Menschen oder anderen Verkehrsteilnehmern? Und Klimaschutz, sollen bitte die Chinesen mit anfangen.
Hauptsache ich komme hier und heute möglichst schnell und bequem an mein Ziel.
Autoparteien machen Politik für Autofahrer, Autofahrer wählen Autoparteien
Es geht dabei nicht mal einzig um den konkreten Fall des Lärmaktionsplans und die konkret beteiligten Parteien. Das Abstimmungsergebnis lässt sich leicht auf jede andere Stadt anwenden. Politiker richten sich zuverlässig an den dringend benötigten Wählerstimmen und damit der herrschenden Meinung aus.
Die durch den Autoverkehr in ihrer Gesundheit gefährdeten Wähler spielen dabei bestenfalls eine Nebenrolle. Sie können in der Rechnung leicht vernachlässigt werden. Ist auch nicht persönlich gemeint, es handelt sich bloß um simple Arithmetik.
Das mag man mir gerne als “Autohass” auslegen, das politische Handeln der beteiligten Akteure lässt jedoch kaum einen anderen Schluss zu.
Möglicherweise schwant es dem einen oder anderen sogar, dass man eigentlich etwas anderes tun müsste. Aber den Unmut der Autofahrer auf sich ziehen?!?! Lieber nicht…
Trotzdem gilt, auch in Rösrath: Nur weil man unliebsame Ideen blockieren kann, macht man noch lange keine gute Politik
Unterm Strich wurde an diesem Montag eine weitere Nullnummer beschlossen. Das ist ein ganz offizieller O-Ton, auf den man sogar noch stolz zu sein scheint.
Dabei wäre es doch längst an der Zeit, aus dem Stillstand herauszukommen und die Stadt konstruktiv nach vorne zu bringen. Hatten wir nicht schon mehr als genug Nullnummern?
Der ewige Stillstand sorgt in der Konsequenz nur für noch mehr Politikverdruss und führt die Bürger in die Arme der Populisten und Radikalisierten. Das haben wir dann am Ende alle auszubaden, auch die Rösrather Parteienlandschaft, auch die Freunde des vermeintlich schnellen Autofahrens.
Welches nämlich unterm Strich gar nicht so viel schneller ist. Der verstetigte Verkehrsfluss bei Tempo 30 sorgt tatsächlich für ein besseres Vorankommen, weniger Stop-and-Go, bessere Gesundheit auch der Autofahrenden selbst. Es ist nämlich ebenso nachgewiesen, dass der Stress beim Autofahren und das dauernde Sitzen nicht gerade gesundheitsfördernd ist und z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen beschleunigt.
Es wäre also im Sinne einer zukunftsfähigen Stadt sehr zu wünschen, wenn die Rösrather Politik nicht immer nur das Auto als Antwort in Mobilitätsfragen fände.
Und das ist alles andere als Autohass. Das Auto an sich stellt kein Problem dar, nur seine schieren Massen und seine ineffiziente Nutzung. Darunter leiden dann selbst die Menschen, die nicht an den Hauptstraßen wohnen.