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Die Initiative Radschnellweg GL-K

Mit dem Fahrrad nach Köln – aber wie?!

An dieser Stelle berichten wir regelmäßig über den Fortschritt der rechtsrheinischen Radpendlerrouten (RPR) – oder eben deren Stillstand.

Mittlerweile gibt es wohl vom Rheinisch-Bergischen Kreis einen 3x jährlich erscheinenden Newsletter, ansonsten ist es aber seit der öffentlichkeitswirksamen Ankündigung im September 2020 einigermaßen still um die schnellen Radverbindungen von und nach Köln geworden.

Schlimmer noch: Von Seiten der Stadt Köln war zu hören, dass der Zeitraum für die Umsetzung 10 bis 15 Jahre betragen würde, also nicht unbedingt vor 2040.

Das ist natürlich für die so dringende notwendige Verkehrswende zu spät, also viel, viel, viel zu spät. Und auch von den angekündigten “kurzfristigen Verbesserungen” ist 18 Monate später nicht wirklich etwas zu sehen.

(c) Horst Hülsen

Unterwegs auf eigenen Wegen

Nicht nur deswegen verfolgt die Initiative “Radschnellweg GL – K” bereits seit 2018 einen etwas anderen, ganz eigenen Weg. Die zugrundeliegende Idee ist dabei ebenso  pragmatisch und wie kostenschonend:

Warum nicht den einfach den Weg ertüchtigen, ausbauen, beschleunigen, der sowieso schon gefahren wird?!

Und zwar von bis zu 2.000 Radfahrenden am Tag auf der Strecke zwischen Bergisch Gladbach und Köln. In der Regel sind diese Menschen einigermaßen findig und haben sich über die Jahre, teilweise Jahrzehnte, die beste Route selbst erfahren.

Es bräuchte also den “großen Wurf” nicht unbedingt und durch die kurzfristige Erhöhung der Nutzung würde sich dieser Weg noch weiter festigen und sehr bald bezahlt machen.

Hinzu kommt, dass die Radfahrenden über die Jahre hinweg sehr pragmatische und alltagsbewährte Lösungen für kritische oder gefährliche Stellen aufzeigen können.

Warum sollte man sich diese wertvolle Erfahrung bei der weiteren Planung und Realisation nicht einfach zu Nutze machen?

Die überparteiliche Initiative rund um Dr. Helmut Röscheisen hat ihre Routenplanung bereits sehr detailliert ausgearbeitet und sogar eine eigene Machbarkeitsstudie inkl. Kostenschätzung vorgelegt.

Die Route verläuft zu einem großen Teil über Anliegerstraßen, die durch Umwidmung in Fahrradstraßen dem Radverkehr Vorrang geben und in gleicher Weise den motorisierten Individualverkehr beruhigen könnten.

Planungsprozesse beschleunigen

Wir hören es auf allen Kanälen: die Planungsprozesse für infrastrukturelle Bauvorhaben in Deutschland müssen dringend beschleunigt werden. Das gilt auch und gerade in verkehrspolitischen Angelegenheiten und nicht zuletzt bei der Verbesserung von Fahrradwegen.

Der motorisierte Individualverkehr trägt zu einem nicht unerheblichen Teil zu unserem urbanen CO2-Ausstoß bei und selbst seine Elektrifizierung wird das Platzproblem unserer Innenstädte nicht wirklich lösen.

Tatsächlich haben Kommunen und Kreise das Problem und sogar seine Lösung erkannt, denn auch dort ist man zur der Einsicht gelangt, dass das Fahrrad bzw. E-Bike auf kurzen Strecken schlicht das effizientere Verkehrsmittel ist.

Vor diesem Hintergrund ist kaum zu verstehen, dass die Umsetzung leistungsstarker und sicherer Fahrradwege keine höhere Priorität in der Stadtplanung genießt. Zwar hat der Fahrradbeauftragte der Stadt Köln mittlerweile mehr als ein Dutzende Mitarbeiter:innen, nur hier auf der Schäl Sick kommt davon wenig an.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Planung der Radpendlerrouten interkommunal zu erfolgen hat, und das auch noch in Zeiten von Corona. Man täte sich also sehr wohl einen Gefallen damit, auf praxisbewährte Laien Amateure zurückzugreifen.

Auch uns ist sehr wohl bewusst,  dass die Planung und Umsetzung gerade von Verkehrswegen sehr strikten Vorgaben unterliegt und eine Vielzahl öffentlicher und privater Interessen berührt. An dieser Stelle ist sogar der Gesetzgeber unterwegs, sei es von Seiten der Bundesregierung – Stichwort #fahrradstraße# –, sei es von der Seiten des nordrheinwestfälischen Fahrrad- und Nahverkehrsgesetzes.

Selbstverständlich ist auch klar, dass zudem bei der Umwandlung von Straßen in Fahrradstraßen mit erheblichem Widerstand von Seiten des Autoverkehrs zu rechnen ist. Beim drohenden Wegfall von Parkplätzen gehen viele Bürger:innen augenblicklich auf die Barrikaden und neben dem ausgeprägten politischen Willen braucht es dann noch eine gehörige Portion politischen Mut.

Die Strecke zwischen Bergisch Gladbach und Köln hat an dieser Stelle ein paar Jahre Vorsprung vor “unserer” Route zwischen Rösrath und Köln. Das liegt nicht zuletzt an der Initiative von Dr. Röscheisen, die gleichermaßen sauber im Detail wie öffentlichkeitswirksam arbeitet und auch an der Strecke bereits einige Mitstreitende finden können.

Diese “Graswurzel-Bewegungen” leben von einer sich nicht erschöpfenden Eigeninitiative ebenso sehr wie von einer guten Organisation und Beharrlichkeit.

Radschnellverbindung (RSV) oder Radpendlerroute (RPR)??

Nach der Machbarkeitsstudie erschien zur RSV GL-K zuletzt ein Gutachten des Ingenieurbüros Lindschulte sowie eine entsprechende Stellungnahme der Initiative.

Dabei liegen die Argumente der Initiative klar auf der Hand:

  • RSV ist schneller und deutlich günstiger zu realsisieren
  • Die RSV kommt ohne zusätzlichen Trassen aus, die teilweise in Landschaftsschutzgebieten zu bauen wären
  • Die RSV wird bereits heute intensiv genutzt und kommt auf manchen Streckenabschnitten auf mehr als 2.000/ Radfahrende am Tag und damit auf eine relevante Größe
  • Nicht notwendige Verkehre wie auch Schleichverkehre würden auf den betroffenen Straßen zurückgehen und damit auch die Lärm- und Abgasbelastung für Anwohner:innen.

Ebenso offensichtlich ist allerdings, dass Politik so nicht unbedingt funktioniert. Nur selten werden die objektiv besten Lösungen für kommunale Aufgaben gewählt, da es in der Regel Interdependenzen mit anderen politischen Interessen und Bedingungen, zum Beispiel von Seiten der Finanzierung gibt.

Für die Radpendlerrouten soll die Finanzierung aus dem Programm der Regionale 2025 kommen und ca. 60 Millionen Euro betragen. Natürlich hört sich auch ein Netz von Radpendlerrouten im Rechtsrheinischen attraktiver und strategisch durchdachter an, als eine von grimmigen Männern in Regenkleidung sprichwörtlich erstrampelte Strecke.

(c) Horst Hülsen

Mehr Mut zu DIY-Fahrradwegen

Nichtsdestotrotz sind Initiativen wie die von Dr. Röscheisen von höchster Wichtigkeit, zu unterstützen und eigene hinzu zu gründen. Graswurzelbewegungen können sehr viel in Gang setzen, wenn sie sich nur trauen. 

Sie sind sehr viel unabhängiger als die von der Wählergunst abhängigen Entscheider in der Politik. Sie können Lösungen aufzeigen und langsam und stetig das Bewusstsein der Wähler:innen verändern.

Das Fahrrad ist nicht nur ein sehr kommunikatives Verkehrsmittel; es ist ein ebenso bewegliches Kommunikationsmittel. 

Insofern ist es wichtig und auch keinesfalls wirkungslos, die Radfahrenden auf der Strecke zwischen Bergisch Gladbach (Rösrath) und Köln kontinuierlich zu stärken, sichtbar zu machen, zu vernetzen und den so erfahrenen Weg mindestens im digitalen Raum auszuweisen.

Auch das ist nicht neu: Die Digitalisierung bietet den Graswurzlern uns ganz ausgezeichnete Möglichkeiten. Was im digitalen Raum real ist, wird im öffentlichen Raum irgendwann auch real.

Und wenn auf einer “normalen” Straße der Fahrradverkehr von ganz alleine die Überhand gewinnt, dann ist es eines Tages auch ganz normal, dass Automobile nur noch zu Gast sind.

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