#fahrradstadt 2022
Keine Frage, 2021 war ein äußerst erfolgreiches Jahr für unsere erst 2020 gestartete Initiative zur Stärkung der Radfahrenden in und um Rösrath.
Mit dem RöBike konnten wir zusammen mit dem ADFC im Juli das erste freie Lastenrad im Rheinisch-Bergischen Kreis an den Start bringen. Im September konnten wir dann helfen, die mit 400 kleinen und großen Teilnehmer:innen überwältigende erste Kidical Mass auf die Rösrather Straßen zu bringen.
Es ist uns gelungen, in allen regionalen Publikationen aufzutauchen und auch unser Netzwerk ist in beeindruckender Weise gewachsen. Auch beim Stadtradeln im Juni war eine Rekordzahl an Rösrather:innen beteiligt und erstmals gab es einen ziemlich beachtlichen Rösrather Zubringer zur Kölner Sternfahrt.
Ob nun beim Forum Freie Lastenräder oder dem Aktionsbündnis Kidical Mass – Rösrath ist auch über seine Grenzen hinaus ein Begriff geworden.
Leider spiegeln sich diese ersten Erfolge im Rösrather Fahrradalltag noch nicht wirklich wider. Gerade auf den beiden Hauptverkehrsachsen (Hauptstraße, Bensberger Straße) ist die Atmosphäre doch eher fahrradfeindlich, es wird gedrängelt und geschnitten. Kinder würde man hier nicht gerne eigenständig unterwegs sehen.
Die Ortskerne von Hoffnungsthal und Rösrath sind weitestgehend zugeparkt, die Fahrradwege sind äußerst dürftig ausgezeichnet und wechseln viel zu oft die Straßenseite.
Ein Netz alternativer Routen wäre hier vielleicht eine Lösung, dazu müssten aber endlich mal ein paar Drängelgitter/ Umlaufsperren entfernt und Einbahnstraßen geöffnet werden. Vor allem bräuchte es hier aber eine klare Kommunikation und auch Beschilderung dieser Wege.
Ohne jeden Zweifel hatte die Stadt Rösrath 2021 andere Prioritäten als die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. Die Flutkatastrophe vom Juli hat auch in Rösrath tiefe Spuren hinterlassen, die selbst ein halbes Jahr später nur ansatzweise beseitigt werden konnten.
Nichtsdestotrotz müsste man eigentlich (und auch schon länger) sehen können, dass es nicht nur mit Blick auf den Klimawandel eine echte Wende in der Verkehrspolitik braucht.
Rösrath ist seit Jahren eine wachsende Stadt und wird das aller Voraussicht nach auch in den nächsten Jahren weiter so gehen. Daran ist grundsätzlich auch nichts auszusetzen, allerdings sind die Verkehrswege jetzt schon voller Autos und mit jedem neuen Haushalt kommen im Schnitt 1,5 weitere und zunehmend größere Autos hinzu. Wo soll das noch hinführen?
Die drei Ortskerne sind schon heute nicht unbedingt einladend, sondern gleichen eher Durchfahrtsstraßen.
Rösrath insgesamt könnte also sehr stark von einer leisen und platzsparenden Organisation des Individualverkehrs profitieren. Mit der Entwicklung der E-Bikes in den letzten Jahren hat sich zudem ein Verkehrsmittel ergeben, welches es auch älteren Menschen ermöglicht, die bergische Topologie ohne übertriebene Mühen zu bewältigen. Und wenn man sich an einem Sonntag bei gutem Wetter mal umschaut, dann wollen die Rösrather:innen durchaus gerne mit dem Fahrrad fahren. Gleiches hat im Übrigen auch unsere Kidical Mass bewiesen: es gibt in Rösrath sehr wohl eine respektable Anzahl an Menschen auf zwei Rädern.
Hinzu kommt, dass Rösrath aufgrund seiner überschaubaren räumlichen Ausdehnung eigentlich die perfekte Fahrradstadt wäre. Jedes Ortszentrum ist gut innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad oder E-Bike zu erreichen, sodass sich ohne Zwang viele der kurzen Autofahrten sehr gut substituieren ließen.
Es bräuchte eben für den unsicheren oder auch nur vorsichtigen Radfahrer einfach Radwege, die sich besser anfühlen und vielleicht ein insgesamt reduziertes Tempo für Autos, wenigstens in den Ortskernen.
Dazu aber bräuchte es einen klaren politischen Willen zur echten Umgestaltung der Nahmobilität und der ist, bei allen Bemühungen im Detail, bisher leider nicht zu erkennen. Rösrath ist an 364 Tagen im Jahr einfach eine ganz handelsübliche Autostadt.
Das ist aber kein Grund, für “uns” als unabhängige, lose zusammengebundene Fahrradinitiative, hier aufzugeben oder aufzuhören.
Im Gegenteil. Wir werden 2022 und auch darüber hinaus die Mittel zum Einsatz bringen, die uns zur Verfügung stehen, nämlich in erster Linie Information und Kommunikation.
Es gibt noch eine ganze Reihe an interessanten Instrumenten und Konzepten, die sich ohne viel Geld und mit ein wenig Herzblut auch in Rösrath umsetzen lassen.
Hierbei geht es vor allem um das Bewusstsein, dass das Fahrrad auf kurzen Strecken einfach das beste und oft auch schnellste Verkehrsmittel ist. Dazu braucht es überhaupt keine Ideologie und auch keinen Fanatismus. Das Fahrrad ist, auch und gerade hier in Rösrath, die logische, vernünftige Wahl.
Dieses Bewusstsein müssen, wollen und werden wir in diesem und den nächsten Jahren weiter schärfen und verbreiten. Gut gelaunt, informativ und integrativ.