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Hinter dem Fahrradwald

Woran denken Leute als erstes, wenn sie Rösrath hören?

Früher war es immer das Möbelzentrum und vor allem der Whiskey Bill. Heute ist es wahrscheinlich das Hoffnungsthaler Schwimmbad oder vielleicht noch das Automatencasino an der Autobahnausfahrt.

Kunstkenner haben die kürzlich verstorbene Mary Bauermeister im Sinn, Architekturfans das brutalistisch gestaltete Ärztehaus am Sülztalplatz.

Neuerdings sollte man dieser Liste wohl noch eine Sehenswürdigkeit hinzufügen: den Rösrather Fahrradwald!

Viele Besucher fragen sich natürlich spontan, was es denn damit auf sich hat.

Ist es eine mystische Kunstinstallation von Schüler:innen am Freiherr-vom-Stein? Oder setzt die Stadt Rösrath bei Fahrradständern auf nachwachsende Rohstoffe?

Exotisch und instagrammable ist der Fahrradwald in jedem Fall und sollte ab sofort zu jedem Besuch in Rösrath gehören!

Etwas ernsthafter betrachtet ist diese “Abstellanlage” im Wäldchen hinter der Dreifachturnhalle jedoch eher traurig als lustig. Tatsächlich ist das Bild sogar eher peinlich für die gut situierte Stadt im Kölner Speckgürtel.

So geschieht es nicht gerade selten, dass hier angebundene Fahrräder während der Schulzeit demoliert, in gefährlicher Weise sabotiert oder eben auch geklaut werden.

Nun ja, wie allenthalben bekannt ist, gestaltet sich auch die Modernisierung und Erweiterung des Schulzentrums selbst sehr viel schwieriger als zunächst angenommen. Da sollte irgendwie klar sein, dass Abstellanlagen für Fahrräder auf der Prioritätenliste eher weiter hinten zu finden sind.

Andererseits klagen eben auch jene Schulen über die neuzeitliche Flut an “Elterntaxis” und haben – wie hier über die Schulpflegschaft – bereits sehr dringliche Auf- und Hilferufe verfasst.

“Rote Karte für Elterntaxis

Im Oktober 2022 zeigte selbst die Polizei Rhein-Sieg den Elterntaxis dann im Rahmen eines Aktionstags die “rote Karte”. Die für Rösrath zuständige Polizei Rhein-Berg schloss sich diesem Aufruf an, denn auch an den hiesigen Grundschulen stellt sich die Situation ebenso katastrophal dar.

https://www.facebook.com/polizei.nrw.su/posts/2041342366059193/?comment_id=852605306106247&paipv=0&eav=AfYb5k5lBviQoKnym4IwbPt3JWmocBNJIk8fuX6WYdXl82XrUt_9vPHbE6ZcQ9L9_Po&_rdr

Die Katze beißt sich in den Schwanz

Was sollen Schüler und ihre Eltern denn jetzt genau tun?! Folgen sie den Forderungen und kommen tatsächlich mit dem möglicherweise hochpreisigen Fahrrad zur Schule?

Dann muss man hoffen, dass einer der dünneren Bäume im Wald noch frei und das Rad nach Schulschluss auch in allen Teilen dort noch angeschlossen ist.

Wie so oft in Angelegenheiten des Fahrrads beißt sich die Katze auch hier mal wieder in den Schwanz:

Weil die Fahrradwege keine Sicherheit vermitteln, entscheiden sich die Leute doch wieder für das Auto. Weil sie die Fahrräder nicht vernünftig anschließen können, sitzen die Kinder am Ende doch im Elterntaxi.

Fahrradständer sind doch keine Raketentriebwerke!

Wie man aus dem Schulausschuss vernahm, so sind die Abstellanlagen für den “dritten Bauabschnitt” am Freiherr-vom-Stein vorgesehen. Wann mit diesem Abschnitt begonnen wird, ist aktuell jedoch nicht abzusehen; er geht jetzt erst in die Planungsphase.

Dabei gehören Fahrradständer doch eher zu den sogenannten Quick Fixes, also relativ schnell zu lösenden Aufgaben. Außerdem ist es auch nicht notwendig, dass sie für immer und ewig an ein und derselben Stelle praktisch in Stein gemeißelt werden. Man kann sie im Rahmen dieses dritten Bauabschnitts auch noch einmal umbauen.

Auch eine Videoüberwachung sollte heutzutage relativ einfach zu installieren sein und Vandalismus wie Diebstahl weitestgehend verhindern.

Meint die Schule, die Polizei, die Stadt Rösrath es also ernst mit ihrer Aufforderung, die Elterntaxis doch bitte Zuhause zu lassen, dann könnte sie mit zeitgemäßen Abstellanlagen relativ leicht Fakten schaffen.

Wie ist der Status Quo?

An dieser Stelle möchten wir zunächst eine kleine Übersicht der Abstellanlagen an den Rösrather Schulen herstellen. In diesem ersten Teil konzentrieren wir uns auf das Schulzentrum Freiherr-vom-Stein.

Die Grundschulen sind insgesamt etwas anders zu bewerten, da die Kinder dort nicht selbstständig mit dem Fahrrad zum Unterricht kommen sollen (dürfen). Dennoch werden wir diese Schulen im zweiten Teil dokumentieren, da Lehrkräfte wie Besucher Abstellmöglichkeiten brauchen und Kinder natürlich auch mit ihren Eltern zur Schule geradelt kommen.

Gymnasium

Die Abstellanlage am Gymnasium gibt insgesamt noch die beste Figur ab. Zwar ist sie ein bisschen in die Jahre gekommen und wirkt auch weitestgehend ausgelastet, aber immerhin überdacht und im Vergleich zu den anderen geradezu komfortabel.

Trotzdem sind auch hier die berühmt-berüchtigten “Felgenkiller” im Einsatz, was einige Schüler:innen bereits dazu veranlasst, die Räder lieber an den Pfosten anzuschließen. Eine Modernisierung wäre also auch an dieser Stelle geboten.

Auch die Situation beim Sportplatz lässt den Rückschluss zu, dass die Nachfrage nach Fahrradständern das Angebot aktuell bereits übertrifft; die ersten Räder werden bereits behelfsmäßig angebunden.

Realschule

Der Eingang zum Fahrradkeller der Realschule ist momentan aufgrund der Baustelle nicht zu erreichen und daher vermutlich auch ungenutzt. Die Räder müssten die Treppe herunter getragen werden.

Oberhalb des Einganges befinden sich einige wenige Fahrradständer. Eigentlich wären diese Ständer teilweise auch  von zwei Seiten zu bestücken, wären sie nicht direkt an einer Wand aufgestellt worden. Vermutlich werden die Schüler ebenfalls den Fahrradwald nutzen.

Damit sind es dann sechs Jahrgänge mit jeweils vier bis fünf Klassen, die so gut wie keine Abstellmöglichkeit haben.

Gesamtschule

Der Eingang zum ehemaligen Fahrradkeller der Hauptschule, jetzt Gesamtschule, hat immerhin schon mal eine neue Tür und liegt außerhalb des Baustellenbereiches. Die Frage ist also, warum kann er nicht genutzt werden.

Hinter dem Wald liegt Rösrath

Natürlich ist es immer einfacher zu kritisieren als zu machen, zu entscheiden und umzusetzen. Keine Frage.

Nicht nur in der Kommunalpolitik geht es daher um Pragmatismus, um einfache Lösungen, die schnell weiterhelfen und wenig kosten.

Rösrath ist auch nicht die einzige deutsche Stadt mit einem Verkehrsproblem rund um die Schulen. Das Phänomen der Elterntaxis sorgt weit über die Grenzen des Rheinisch-Bergischen-Kreises für Kopfzerbrechen und verängstigte Eltern wie unselbstständige Kinder.

Es wird auch etwas mehr brauchen als nur ein paar Fahrradständer, um diesen unguten Auswüchsen wieder Herr zu werden. Aus Barcelona kommt die Idee des “Bicibus”, mit dem man jeden Freitag gemeinsam und geschützt zur Schule radelt.

In Köln macht zuletzt das Beispiel der “Schulstraßen” im wahrsten Sinne des Wortes Schule. Straßen und Zufahrtswege, die insbesondere zu Bringzeiten für den Autoverkehr gesperrt werden.

Rösrath muss in diesen Entwicklungen nicht zwingend immer ganz vorne dabei sein, aber dass Schulkinder ihre Räder an Bäumen anschließen müssen wirkt dann insgesamt doch ein bisschen arg hinterwäldlerisch.

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Ein Kommentar

  1. Hallo Johannes,

    ich finde es großartig, dass Ihr die Parksituation für Fahrräder am SChulzentrum so ausführlich dokumentiert und nun auch einen Artikel im Stadt-Anzeiger lanciert habt! Ich habe daraufhin spontan eine Anfrage an die Stadtverwaltung Rösrath geschickt, in der ich Eure Forderung unterstütze. Vielleicht können meine Zeilen ja anderen Eltern als Vorlage dienen, ebenfalls über das Kontaktformular der Stadt das Thema anzusprechen und um eine zeitnahe Verbesserung der Situation zu bitten.

    Beste Grüße aus Forsbach

    Marcus

    Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung!

    Ich nehme Bezug auf den Artikel zur Fahrradabstell-Situation am FvS-Schulzentrum in der heutigen Ausgabe des “Kölner Stadt-Anzeiger”.

    Ich möchte mich der Forderung der Organisationen “Rösrath Velocitiy” und “Kidical Mass” anschließen, am Schulzentrum zeitnah ausreichend viele sichere Abstellplätze für die Schülerinnenn und Schüler wie auch für die Lehrerkollegien zu schaffen bzw. aufzustellen.

    Meine Kinder, die die Stufe Q2 bzw. die 8. Klasse des Gymnasiums besuchen, haben mir bestätigt, dass es schwierig ist, morgens einen sicheren Abstellplatz zu finden, wenn sie mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Das Abstelllen der Fahrräder im “Fahrradwald” bedeutet für beide einen Umweg, da dieser “Fahrradwald” oberhalb des Gymnasiums liegt. Zudem sind auch dort nicht unendlich viele dünne Bäume zum Abschließen von Fahrrädern vorhanden.

    Vor dem Hintergrund, dass die Schulleitungen des Schulzentrums dazu aufgerufen haben, Fahrten mit dem Elterntaxi zu verringern, halte ich es für unerlässlich, dass die Stadt als Schulträger zeitnah die nötige Infrastruktur bereitstellt, damit ein Umstieg aufs Fahrrad für möglichst viele Schüler attraktiv bzw. überhaupt erst möglich wird.

    Zu guter Letzt sollte die Stadt auch angesichts der Flutkatastrophe vor 2 Jahren alles erdenklich Mögliche daran setzen, um Schülern und Eltern die Mobilitätswende hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie dem Fahrrad zu erleichtern.

    Ich möchte Sie daher bitten, mit dem Aufstellen von deutlich mehr sicheren und komfortablen Fahrradabstellplätzen am Schulzentrum nicht erst bis zum Beginn des 3. Bauabschnittes zu warten!

    Mit freundlichen Grüßen

    Marcus Krämer, Forsbach

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